Ausgleichsansprüche bei der Beendigung von Franchiseverträgen

Das Handelsrecht enthält in § 89b HGB einen gesetzlichen Ausgleichsanspruch zugunsten von Handelsvertretern, deren Vertragsverhältnis endet. Auf diese Weise sollen Handelsvertreter nach Vertragsende an Erfolgen des Unternehmers partizipieren, die der Handelsvertreter in Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten angebahnt hat. Der vom Handelsvertreter geschaffene „Goodwill“ käme ansonsten nach Vertragsende regelmäßig allein dem Unternehmer zu. Ein vertraglicher Ausschluss dieses gesetzlichen Ausgleichsanspruchs ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut vor Beendigung des Vertrages ausgeschlossen (§ 89b Abs. 4 Satz 1 HGB).

REICHWEITE DES AUSGLEICHSANSPRUCHS

Der Anwendungsbereich des Ausgleichsanspruchs gemäß § 89b HGB ist nach einhelliger Auffassung nicht auf Handelsvertreterverträge beschränkt. Vielmehr findet er gemäß § 92 Abs. 2 HGB auch auf Versicherungs- und Bausparkassenvertreter sowie laut Rechtsprechung und herrschender Meinung in der rechtswissenschaftlichen Literatur insbesondere auch auf Vertragshändler Anwendung.

Für Franchiseverträge fehlt es bislang an einer höchstrichterlichen Entscheidung zur analogen Anwendung von § 89b HGB. Gleichwohl wird eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf Franchisenehmer unter bestimmten Voraussetzungen in der obergerichtlichen Rechtsprechung (etwa von den Oberlandesgerichten Frankfurt a.M. und Celle) und in der rechtswissenschaftlichen Literatur bejaht.

VORAUSSETZUNG DER ENTSPRECHENDEN ANWENDUNG AUF FRANCHISEVERTRÄGE

Laut dem Oberlandesgericht Celle steht dem Franchisenehmer „nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gegen den Franchisegeber ein Ausgleichsanspruch nach Handelsvertretergrundsätzen analog § 89b HGB zu, wenn er wie ein Handelsvertreter in die Organisation des Franchisegebers eingegliedert ist und nach Beendigung des Vertragsverhältnisses verpflichtet ist, diesem den Kundenstamm zu überlassen.“ Diese Voraussetzungen sind bei Franchisenehmern regelmäßig erfüllt, da sie ähnlich Handelsvertretern in die Vertriebsorganisation des Unternehmers eingebunden sowie zur Förderung des Absatzes und nach Beendigung des Vertrages zur (jedenfalls de facto) Überlassung des Kundenstammes verpflichtet sind.

HÖHE DES AUSGLEICHSANSPRUCHS

Probleme bereitet die Ermittlung des Ausgleichsanspruchs. Neben der Billigkeit unter Berücksichtigung aller Umstände fließen in die Berechnung des Ausgleichsanspruchs die Vorteile ein, die der Franchisegeber aus der Geschäftsverbindung mit dem Franchisenehmer neu gewonnen hat. Der Ausgleichsanspruch ist jedoch der Höhe nach beschränkt: Gemäß § 89b Abs. 2 HGB beträgt er höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung. Bei einer kürzeren Vertragslaufzeit ist die durchschnittliche Vergütung während der Vertragsdauer zu ermitteln.

INTERNATIONALER RECHTSVERKEHR

Bei ausländischen Franchisegebern besteht regelmäßig wenig Bereitschaft, nachvertragliche Ausgleichsansprüche anzuerkennen bzw. nicht auszuschließen. Dies verwundert jedenfalls bei Franchisegebern aus dem EU-Ausland, da es sich bei dem Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB nicht um eine deutsche Besonderheit handelt: Die Vorschrift basiert auf der EG-Handelsvertreter-Richtlinie (Richtlinie 86/653/EWG); im EU-Ausland finden sich dementsprechend ähnliche Regelungen, die teilweise auch dort für andere Vertragsmittler gelten. Auch gemäß der EG-Handelsvertreter-Richtlinie kann der nachvertragliche Abfindungsanspruch nicht vor Beendigung des Vertrages abbedungen werden.

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