BGH-Entscheidung zu Auswirkungen des PayPal-Käuferschutzes auf den Kaufpreisanspruch

Der BGH hat sich am Mittwoch (22.11.2011) in zwei Entscheidungen erstmals mit der Frage befasst, welche Auswirkungen die Rückerstattung eines mittels PayPal gezahlten Kaufpreises nach erfolgreichem Antrag auf PayPal-Käuferschutz auf das Recht des Verkäufers auf Geltendmachung des Kaufpreises befasst (Urteile vom 22.11.2017 – XIII ZR 83/16 und XIII ZR 213/16).

Das Problem

Über den Online-Zahlungsdienst PayPal können Bezahlvorgänge bei Internetgeschäften abgewickelt werden. Die Zahlungen werden dabei über virtuelle Konten mittels E-Geld geleistet. PayPal stellt seinen Kunden mit der sog. PayPal-Käuferschutzrichtlinie ein geregeltes Verfahren für solche Fälle zur Verfügung, in denen der Käufer den bestellten Kaufgegenstand nicht erhalten hat oder dieser erheblich von der Artikelbeschreibung des Verkäufers abweicht. Über dieses Verfahren kann der Käufer die Rückerstattung des Kaufpreises erreichen. Hierzu hat er einen Antrag auf Rückerstattung des Kaufpreises nach Maßgabe der PayPal-Käuferschutzrichtlinie zu stellen. Hat dieser Antrag Erfolg, bucht PayPal dem Käufer den gezahlten Kaufpreis unter Belastung des PayPal-Kontos des Verkäufers zurück.

Vom BGH zu entscheidende Fragestellung

Der BGH hatte nunmehr über die Frage zu entscheiden, ob der Verkäufer nach einer Rückbuchung des Kaufpreises erneut berechtigt ist, den Käufer auf Zahlung in Anspruch zu nehmen.

Zugrundeliegende Sachverhalte

Den Entscheidungen des BGH lagen dabei folgende Sachverhalte zugrunde:

In einem Verfahren hatte die Beklagte vom Kläger über ebay ein Mobiltelefon erworben und den Kaufpreis über PayPal entrichtet. Nach Eingang des Kaufpreises auf dem PayPal-Konto des Klägers versandte dieser das Mobiltelefon in einem Päckchen. Die Beklagte behauptete, dass Mobiltelefon nicht erhalten zu haben. Ein Nachforschungsauftrag des Klägers blieb erfolglos. Die Beklagte beantragte erfolgreich die Rückerstattung des Kaufpreises nach Maßgabe der PayPal-Käuferschutzrichtlinie. PayPal buchte den Kaufpreis zurück, da der Kläger keinen Nachweis über den Versand des Mobiltelefons vorgelegt hatte. Der Kläger erhob daraufhin Klage auf Zahlung des Kaufpreises. Diese Klage hatte in zweiter Instanz Erfolg. Die Beklagte wollte mit der Revision die Abweisung der Kaufpreisklage erreichen.

In dem anderen Verfahren erwarb der Beklagte von der Klägerin online eine Metallbandsäge. Die Bezahlung erfolgte ebenfalls über PayPal. Der Beklagte behauptet, die gelieferte Säge entspreche nicht den im Internet gezeigten Fotos und beantragte Rückzahlung des Kaufpreises entsprechend der PayPal-Käuferschutzrichtlinie. Der Beklagte legte PayPal ein Privatgutachten vor, wonach die Säge von mangelhafter Qualität und ein billiger Import aus Fernost sei. Die Klägerin bestreitet diese Aussage. PayPal buchte dem Beklagten gleichwohl den Kaufpreis zurück. Der Kläger macht mit der Revision die Kaufpreiszahlung geltend, nachdem er in den Vorinstanzen gescheitert war.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH hat entschieden, dass die Rückbuchung des Kaufpreises nach den PayPal-Käuferschutzrichtlinien den Verkäufer nicht daran hindert, die Kaufpreiszahlung geltend zu machen. Der BGH führt an, dass mit Zahlung des Kaufpreises über PayPal grundsätzlich der Anspruch des Verkäufers auf Kaufpreiszahlung erlischt, sobald der Kaufpreis vereinbarungsgemäß seinem PayPal-Konto gutgeschrieben wird. Mit der einverständlichen Verwendung des Bezahlsystems PayPal träfen die Vertragsparteien jedoch gleichzeitig stillschweigend die Vereinbarung, dass die Kaufpreisforderung wiederbegründet wird, wenn das PayPal-Konto des Verkäufers nach erfolgreichem Rückerstattungsantrag gemäß der PayPal-Käuferschutzrichtlinien rückbelastet wird.

Der BGH entscheidet sach- und interessengerecht

Die Entscheidung des BGH ist interessengerecht und zu begrüßen. Es ist nicht anzunehmen, dass die Vertragsparteien selbst bei Einbeziehung der PayPal-Käuferschutzrichtlinien in den Vertrag sich jeglichen Rechtsschutzes begeben wollten bzw. diesen allein in die Hände von PayPal legen wollten. Dies gilt insbesondere für den Verkäufer. Es ist zu berücksichtigen, das PayPal nur einen vereinfachten Prüfungsmaßstab anlegt, der eine sachgerechte Entscheidung über den Anspruch der Vertragsparteien nicht sicherzustellen vermag. Andernfalls würde PayPal als Quasi-Schiedsgericht über den Kaufpreisanspruch entscheiden.

Die Entscheidung des BGH führt auch nicht zu einer erheblichen Benachteiligung des Käufers. Im Gegenteil: Dieser bleibt gegenüber dem Verkäufer weiterhin im Vorteil, wenn die Kaufpreiszahlung zurückgebucht wurde. Denn in diesem Fall muss der Verkäufer seine Ansprüche gegen den Kläger einklagen und nicht der Kläger auf Rückerstattung klagen. Damit begründet die PayPal-Käuferschutzrichtlinie auch nach der Entscheidung des BGH weiterhin einen erheblichen strategischen Vorteil für den Käufer. Die PayPal-Käuferschutzrichtlinie hat damit auch weiterhin ihre Berechtigung und einen nicht unerheblichen Nutzen für den Käufer.

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