Bundeskartellamt leitet Missbrauchsverfahren gegen Amazon ein

Aufgrund zahlreicher Beschwerden von Händlern hat das Bundeskartellamt nun ein Missbrauchsverfahren gegen Amazon eingeleitet, um dessen Geschäftsbedingungen und Verhaltensweisen gegenüber den Händlern auf dem deutschen Marktplatz amazon.de zu überprüfen.

Umfassende Prüfung der Geschäftsbedingungen und Verhaltensweisen

Ansatzpunkt ist ausweislich der Pressemitteilung des Bundeskartellamts vom 29.11.2018, dass Amazon einerseits den mit Abstand größten Online-Marktplatz Deutschlands betreibt, andererseits aber selbst der größte Online-Händler ist. Diese Doppelrolle berge das Potential für Behinderungen von anderen Händlern auf der Plattform.

Das Bundeskartellamt will nunmehr die Geschäftsbedingungen und Verhaltensweisen von Amazon gegenüber den Händlern umfassend auf den Prüfstand stellen. Die möglicherweise missbräuchlichen Geschäftsbedingungen und damit zusammenhängende Verhaltensweisen betreffen unter anderem Haftungsregelungen zu Lasten der Händler im Zusammenhang mit Gerichtsstand- und Rechtswahlklauseln, Regeln zu Produktrezensionen, intransparenten Kündigungen und Sperrungen von Händlerkonten, Einbehalt von Zahlungen und verzögerte Auszahlungen, Klauseln zur Einräumung von Rechten an dem vom Händler bereitzustellenden Produktmaterial sowie Geschäftsbedingungen zum pan-europäischen Versand.

Das Bundeskartellamt stützt seine Untersuchung auf die Vorschriften von § 19 GWB und § 20 GWB. Grundvoraussetzung hierfür ist, dass Amazon über eine marktbeherrschende, jedenfalls aber marktstarke Stellung verfügt. Letzteres erfordert, dass die Händler von Amazon abhängig sind. Das Amt hat offenbar Anhaltspunkte für beide Ansätze.

Europäische Kommission untersucht Erhebung und Nutzung von Transaktionsdaten durch Amazon

Bereits vor einigen Monaten hat die Europäische Kommission auf Basis des europäischen Kartellrechts Untersuchungen zu Amazons europäischen Marktplätzen begonnen. Die Bedenken richten sich gegen die Praxis von Amazon, Transaktionsdaten von Händlern zu erheben und diese für das eigene Online-Handelsgeschäft zu nutzen. Hierdurch könnten Händler ebenfalls in wettbewerbswidriger Weise behindert werden. Die Kommission hat zwar noch kein offizielles Verfahren eingeleitet, ausweislich der Pressemitteilung des Bundeskartellamts aber bereits im Sommer 2018 u.a. umfangreiche Fragebogen an mehrere hundert deutsche Händler verschickt.

Verfahren der Kartellbehörden ergänzen sich

Das Verfahren des Bundeskartellamtes und die Untersuchung der Kommission habe unterschiedliche Prüfungsgegenstände und ergänzen sich. Beide Verfahren werden als Verwaltungsverfahren geführt. Am Ende der Verfahren dürfen also keine Bußgelder verhängt werden, sondern Amazon allenfalls ein bestimmtes Verhalten bzw. die Vereinbarung bestimmter Geschäftsbedingungen untersagt werden. Erst im Falle eines Verstoßes gegen entsprechende Untersagungsverfügungen dürfte die jeweils zuständige Kartellbehörde Geldbußen gegen Amazon verhängen.

Weitere Artikel zum Thema