Bundesverfassungsgericht urteilt über Atomausstieg

In seinem heutigen Urteil über die gesetzlichen Grundlagen des sog. Atomausstiegs (13. AtG-Novelle) hat das Bundesverfassungsgericht diese weitgehend als eine zumutbare und auch die Anforderungen des Vertrauensschutzes und des Gleichbehandlungsgebots wahrende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums bewertet. Allerdings verletzt die AtG-Novelle die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes insoweit, als die Einführung fester Abschalttermine einen konzerninternen Verbrauch der im Jahr 2002 jedem Kernkraftwerk gesetzlich zugewiesenen Stromerzeugungskontingente bis zu den festgesetzten Abschaltdaten nicht sicherstellt. Hierdurch werden die durch die Eigentumsgarantie geschützten Nutzungsmöglichkeiten der Anlagen unzumutbar, teilweise auch gleichheitswidrig beschränkt. Die Streichung der im Jahre 2010 den einzelnen Kernkraftwerken zusätzlich gewährten Stromerzeugungskontingente hat das Gericht hingegen als grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar bewertet. Mit der grundgesetzlichen Eigentumsgarantie unvereinbar ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass die 13. AtG-Novelle keine Regelung zum Ausgleich für durch die 13. AtG-Novelle entwertete Investitionen vorsieht, die im berechtigten Vertrauen auf die im Jahr 2010 zusätzlich gewährten Stromerzeugungskontingente vorgenommen worden sind. Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber verpflichtet, bis 30.06.2018 eine Neuregelung zu treffen.

Eine Bewertung der konkreten finanziellen Auswirkungen dieses Urteils zum jetzigen Zeitpunkt wäre nicht seriös. Allerdings kann aus der Sicht des Grundrechtsschutzes festgestellt werden, dass das Bundesverfassungsgericht deutlich festgehalten hat, dass das zivilrechtliche Sacheigentum, dessen Besitz und die Möglichkeit, es zu nutzen von der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG umfasst ist. Die Regelungen der 13. AtG-Novelle treffen auf Anlageneigentum, dessen Nutzung atomrechtlich genehmigt ist und das durch diese Genehmigungen konkretisiert wird. Zwar kommt dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Inhalt und Schranken des Eigentums ein grundsätzlich weiter Gestaltungsspielraum zu, allerdings sind bestehende Eigentumspositionen unter Berücksichtigung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, des Vertrauensschutzes und des Gleichheitssatzes zu achten. Soweit es um den Investitionsschutz von Unternehmen geht, gewährt Art. 14 GG den Unternehmen die gleichen Garantien wie anderen Eigentümern. Dabei hat der Gesetzgeber den Bestand von Betrieben und die im Vertrauen auf die Gesetzeslage getätigten Investitionen angemessen zu berücksichtigen.

Der 06.12.2016 erweist sich vor diesem Hintergrund zumindest nicht als schlechter Tag für den Grundrechtsschutz unter dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Auch unter dem hohen Druck der öffentlichen Erwartungen festigt das Bundesverfassungsgericht seine Position als Hüter der Grundrechte gegenüber gesetzgeberischen Eingriffen.

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