Die Soliditätserklärung im Umwandlungsrecht – ein Problem für die Praxis

Wenn eine Kapitalgesellschaft einen Teil ihres Vermögens abspaltet oder ausgliedert, dann verringert sich dadurch u. U. ihr Netto-Reinvermögen. Das ist insbesondere bei der Abspaltung der Fall, da der abspaltenden Gesellschaft kein Surrogat für das abgetrennte Vermögen zufließt (etwaige neue Geschäftsanteile an der aufnehmenden Gesellschaft hält anders als bei der Ausgliederung ein Dritter). Deshalb fordern § 140 UmwG für die GmbH und § 146 Abs. 1 UmwG für die AG, dass bei der Anmeldung der Abspaltung oder Ausgliederung bei dem übertragenden Rechtsträger dessen Vorstandsmitglieder oder Geschäftsführer (im Folgenden einheitlich „Vorstand“) erklären müssen, dass auch unter Berücksichtigung der Abspaltung oder Ausgliederung die für die Gründung der Gesellschaft vorgesehenen Voraussetzungen noch vorliegen. Insbesondere ist zu bestätigen, dass das Stamm- bzw. Grundkapital noch durch das verbleibende Netto-Vermögen gedeckt ist.

Die Einzelheiten dieser sog. „Soliditätserklärung“ sind allerdings in der Literatur umstritten und, soweit ersichtlich, höchstrichterlich bislang nicht geklärt. Für die Praxis erlangen vor allem die folgenden Fragen Bedeutung:

  • Wer muss die Soliditätserklärung abgeben?
  • Wann muss sie abgegeben werden?
  • Welcher Form bedarf die Erklärung?
  1. Es ist in der Literatur umstritten, ob alle Vorstandsmitglieder die Soliditätserklärung abzugeben haben oder ob es ausreicht, wenn sie von Vorstandsmitgliedern in vertretungsberechtigter Zahl (in der Regel also zwei Vorständen) unterzeichnet wird. Mit Verweis auf § 16 Abs. 1 UmwG und das Fehlen einer ausdrücklichen Anordnung wird vielfach angenommen, dass die Unterzeichnung in vertretungsberechtigter Zahl ausreiche. Zugleich wird allerdings darauf hingewiesen, dass wegen des höchstpersönlichen Charakters der Erklärung (sie ist strafbewehrt – § 313 Abs. 2 UmwG) eine unechte Gesamtvertretung (also die Unterzeichnung durch einen Vorstand gemeinsam mit einem Prokuristen) ausscheide. Dies und die Parallelität zu den in § 78 GmbHG in Bezug genommenen Vorschriften spricht aber gerade dafür, dass die Erklärung durch alle Vorstände unterzeichnet werden muss. Bei Unternehmen mit einer Vielzahl von Vorständen kann das eine logistische Herausforderung bedeuten, da oftmals nicht alle Vorstände gleichzeitig verfügbar sind. Das gilt ganz besonders mit Blick auf den Ablauf der 8-Monats-Frist nach § 17 Abs. 2 UmwG, die regelmäßig in den August, also in die Hauptferienzeit fällt. Bei der Planung einer Ausgliederung oder Abspaltung sollte dieser Umstand daher beachtet werden.
  1. Die Soliditätserklärung kann auch außerhalb der HR-Anmeldung in einem gesonderten Schriftstück abgegeben werden. Möglich ist es daher, dass die Anmeldung der Abspaltung oder Ausgliederung durch Vorstände in vertretungsberechtigter Zahl vorgenommen und die Unterschriften der übrigen Vorstandsmitglieder für die Soliditätserklärung separat eingeholt werden.Ungewiss ist es hingegen, ob die Soliditätserklärung entgegen dem Wortlaut von § 146 UmwG auch schon vor der Beurkundung des Abspaltungsvertrages von den Vorstandsmitgliedern unterzeichnet werden kann. Aus Vorsichtsgründen von dieser Vorgehensweise abzuraten.Ob eine Soliditätserklärung nachgereicht werden kann, ist ebenfalls unklar. Eine verbreitete Literaturmeinung geht davon aus, dass eine HR-Anmeldung ohne eine Soliditätserklärung nicht unwirksam ist und vom HR-Richter nicht sofort abgelehnt werden darf, sondern der HR-Richter eine Zwischenverfügung erlassen muss, um die Soliditätserklärung unter Fristsetzung nachzufordern. Erst bei fruchtlosem Ablauf der Frist sei eine Ablehnung zulässig. Ob die Registergerichte dieser Auffassung folgen, ist aber nicht vorherzusagen.
  1. Wird die Soliditätserklärung separat, d. h. nicht im Rahmen der Handelsregisteranmeldung abgegeben, so spricht sich ein großer Teil der Literaturstimmen dafür aus, dass die bloße Schriftform ausreicht, eine notarielle Beglaubigung also nicht erforderlich ist. Allerdings gibt es einzelne, aber namhafte Gegenstimmen. Rechtsprechung existiert, soweit ersichtlich, hierzu bislang nicht. Die praktische Empfehlung lautet daher, die Unterschriften sämtlicher Vorstandsmitglieder unter der Soliditätserklärung vorsorglich beglaubigen zu lassen. Das ist ggf. durch am Ort der Vorstände ansässige Notare oder im Ausland durch deutsche Konsularbeamte möglich. Allerdings vergrößert es den Zeitaufwand, der bei der Planung vorgesehen werden sollte.