Erben in Europa- ein Dauerproblem?

Seit Einführung eines einheitlichen, (fast) in ganz Europa anerkannten Europäischen Erbscheins - dem sogenannten Europäischen Nachlasszeugnis (ENZ) - sind nunmehr mehrere Jahre ins Land gegangen. Mit steigender Zahl der Ausstellung von ENZ stieg allerdings auch die Anzahl ungeklärter Rechtsfragen. Denn trotz gemeinsamer EU-Erbrechtsverordnung scheitert eine Eintragung des Erben in die nationalen Grundbücher und Register nicht selten an nationalen Verfahrensvorschriften. Altbekanntes wird eben trotz Verordnung aus Europa nicht gern aufgegeben.

So reichte dem österreichischen Liegenschaftsregister der bloße Ausweis der Erbenstellung des Antragstellers im ENZ nicht aus, um diesen auch als neuen Eigentümer des in den Nachlass gefallenen österreichischen Grundstücks einzutragen. Die österreichische Einverleibung bringt, bestätigt durch einen Beschluss des LG Klagenfurt von 2016, nämlich u.a. die Notwendigkeit mit sich, die betroffene Liegenschaft im Erbzeugnis genau zu bezeichnen (gemeint ist der Anteil, die Einlagezahl und die Katastralgemeinde). Verlangt wurde daher, dass das in den Nachlass gefallene Grundstück im ENZ ausdrücklich als Erbschaft benannt wird. Das deutsche Nachlassgericht, das für die Ausstellung des streitgegenständlichen ENZ zuständig war, sah sich dazu nicht imstande. Nach dem hier anwendbaren deutschen Recht gilt das Prinzip der Universalsukzession, d.h. der Erbe tritt automatisch in alle Rechtspositionen des Erblassers ein und wird bereits mit Erbfall Eigentümer. Einer Inventarisierung, wie sie das österreichische Grundbuchgericht verlangt, bedarf es nicht.

Sowohl das OLG München als auch das OLG Nürnberg entschieden, dass in diesem Fall der Antragsteller weder eine Korrektur des ENZ noch eine Ergänzung verlangen könne. Einzelne Nachlassgegenstände könnten nach Interpretation des Gerichtes nach Art. 68 lit. l EuErbVO nur in ganz bestimmten Ausnahmesituationen (z.B. bei dinglich wirkenden Teilungsanordnungen) vorgenommen werden. Auch eine bloße informatorische Aufnahme dieser Information in das ENZ liefe dem Bestreben, mit dem ENZ ein Instrument mit einem (grenzüberschreitend anerkannten) formalisierten Inhalt zu schaffen, zuwider.

Dies führt für den Erben zurzeit zu einer Pattsituation: Ein ENZ, das das Grundstück ausdrücklich benennt, erhält er in Deutschland nicht. Liegt der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers in Deutschland, kann weder ein ENZ noch ein nationales Erbnachweisdokument in Österreich ausgestellt werden. Ohne genaue Bezeichnung des ererbten Grundstücks im ENZ nimmt die österreichische Behörde keine Eigentumseinverleibung vor.

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, welche praktischen Schwierigkeiten der Umsetzung der EU-Erbrechtsverordnung tatsächlich im Wege stehen. Lösen könnte das Problem wohl nur eine endgültige Klärung durch den EuGH. Leider wurde die Frage dem EuGH weder durch die deutschen Gerichte noch durch das LG Klagenfurt zur Entscheidung vorgelegt.

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