Erklärung zur Unternehmensführung – eine oder zwei Erklärungen für Mutterunternehmen?

HINTERGRUND
Börsennotierte Aktiengesellschaften (und SEs sowie unter bestimmten Voraussetzungen andere Aktiengesellschaften) haben gemäß § 289 a Abs. 1 HGB eine Erklärung zur Unternehmensführung abzugeben, die wahlweise in ihren Lagebericht aufzunehmen oder auf der Internetseite der Gesellschaft öffentlich zugänglich zu machen ist. Durch das Bilanzrichtlinien-Umsetzungsgesetz vom 17.07.2015 („BilRUG“) wurde in § 315 HGB ein neuer Abs. 5 eingefügt, wonach nunmehr auch Mutterunternehmen im Sinne des § 289 a Abs. 1 HGB verpflichtet sind, für den Konzern eine Erklärung zur Unternehmensführung zu erstellen. Die Regelung ist auf Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2015 beginnen, d.h. erstmals für das Geschäftsjahr 2016 anzuwenden.

EINE ODER ZWEI ERKLÄRUNGEN?
Im Zusammenhang mit der Erstellung der Jahresabschlüsse der Unternehmen und Konzerne für das Geschäftsjahr 2016  stellt sich nun die Frage: Muss das Mutterunternehmen eines Konzerns zwei Erklärungen zur Unternehmensführung erstellen, nämlich eine für das eigene Unternehmen gemäß § 289 a Abs. 1 HGB und eine zweite für den Konzern gemäß § 315 Abs. 5 HGB? Oder können die Erklärungen in eine Erklärung zusammengeführt werden? Inwieweit unterscheiden sich die Erklärungen inhaltlich?

GESETZLICHE VORGABEN
Aus dem Gesetzeswortlaut ergeben sich keine Hinweise, ob eine oder zwei Erklärungen abzugeben sind und inwieweit die Erklärungen inhaltlich übereinstimmen. In § 315 Abs. 5 HGB heißt es lediglich „§ 289a ist entsprechend anzuwenden“. Gemäß § 289a Abs. 2 HGB sind in die Erklärung aufzunehmen die Erklärung zum Corporate Governance Kodex gem.  § 161 AktG, Angaben zu Unternehmensführungspraktiken, Beschreibung der Arbeitsweise von Vorstand und Aufsichtsrat sowie deren Ausschüsse sowie Angaben zur Frauenquote.

Nach der  Auffassung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages (BT-Drucks. 18/5256, S. 85) soll die Erklärung des Konzerns vor allem auf die den gesamten Konzern bezogenen Inhalte abstellen und damit eine „größere Informationsbreite bezogen auf die Gesamtverhältnisse des Konzerns bei gleichzeitiger Begrenzung der Informationstiefe enthalten“, die Erklärung nach § 289a HGB eine größere Informationstiefe im Hinblick auf das berichtende Unternehmen. Der Ausschuss hält grundsätzlich Abweichungen zwischen den Erklärungen für möglich, geht jedenfalls für die Angaben zur Zusammensetzung und Arbeitsweise von Vorstand und Aufsichtsrat und deren Ausschüssen aber von einer Übereinstimmung aus. Zu einer Zusammenführung der Erklärungen äußert er sich nicht.

In der Literatur hat sich das Meinungsbild herausgebildet, dass die Erklärungen zusammengefasst werden können, bei inhaltlichen Unterschieden aber erkennbar sein muss, welche Aussagen sich auf das Mutterunternehmen und welche auf den Konzern beziehen.

WAS BEDEUTET DAS FÜR DIE PRAXIS
Die Abgabe einer Erklärung gemäß §§ 289a und 315 Abs. 5 HGB ist zulässig und möglich, da die Inhalte weitgehend übereinstimmen. Bei den Angaben zur Zusammensetzung und Arbeitsweise von Vorstand und Aufsichtsrat und deren Ausschüssen sind keine Abweichungen zu erwarten, Leitungs- und Aufsichtsorgan im Konzern mit dem des Mutterunternehmens identisch sind. Aus diesem Grund sind auch Angaben zur Frauenquote identisch, soweit sie sich auf das Leitungs- und Aufsichtsorgan beziehen. Ebenso ist grundsätzlich innerhalb des Konzerns von einem einheitlichen Unternehmensführungskonzept auszugehen. Nur soweit im Einzelfall Abweichungen bestehen, z.B. regionale Besonderheiten bei der Unternehmensführung oder in der Leitung eines Teilkonzerns, sind diese Abweichungen zu erläutern.

Soweit ein Tochterunternehmen des Konzerns selbst in den Anwendungsbereich des § 289a HGB fällt, muss dessen Erklärung nach § 289a HGB nicht in die Konzernerklärung integriert werden, allenfalls kann ein Hinweis aufgenommen werden, dass Tochterunternehmen z.B. über die Erfüllung eigener Zielvorgaben für die Frauenquote selbst berichten. Ein freiwilliges Eingehen auf Einzelangaben zu Tochtergesellschaften ist zwar zulässig, es darf dadurch aber nicht der Blick auf die Gesamtverhältnisse im Konzern verschleiert werden.

In der Praxis haben die ersten Unternehmen bzw. Konzerne eine „einheitliche“ Erklärung veröffentlicht.

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