EuGH: Datenschutzgesetze nicht anwendbar!?

Auch bevor die Datenschutzgrundverordnung 2018 in Kraft tritt, bewirken zwingende Regeln des europäischen Datenschutzrechts die Unanwendbarkeit (vermeintlich) klarer deutscher Gesetze (z.B. im TMG, EnWG oder auch BDSG). Ein neues EuGH-Verfahren deutet eine auf sonstige Gesetze übertragbare Ausweitung an.

EU-Recht vorrangig

Nationales Datenschutzrecht setzt weitgehend die europäische Datenschutzrichtlinie um. Eine unmittelbar anwendbare EU-Richtlinie verhindert, dass widersprechendes nationales Recht angewandt wird. Die Auslegungshoheit liegt beim EuGH.

Der EuGH hatte bereits ausdrücklich festgestellt, dass eine nationale Regelung, die für bestimmte Sachverhalte ausschließlich eine Einwilligung des Betroffenen zur Rechtfertigung der Datenverwendung ausreichen lässt, gegen die Vorgaben der Datenschutzrichtlinie verstößt. Die Mitgliedstaaten haben aber nicht nur Mindestgrenzen zu Gunsten der Betroffenen zu beachten. Vielmehr erzwingt die Datenschutzrichtlinie auch Höchstgrenzen des Datenschutzes zu Gunsten des freien Verkehrs mit personenbezogenen Daten im Binnenmarkt.

Aktuelle Ausweitung

Diese Grundsätze werden aktuell in einem EuGH-Verfahren für Regeln zum Datenschutz beim Betrieb von Internetseiten aufgegriffen („… darf personenbezogene Daten eines Nutzers nur erheben und verwenden, soweit …“), § 15 Abs. 1 TMG. Am 12.05.2016 hat der Generalanwalt beim EuGH in seinen Schlussanträgen auf die Pflicht des BGH verwiesen, die deutsche Regelung so auszulegen, dass die eindeutig abschließende Formulierung nicht gilt. Ein weitergehender Umgang mit den Daten kann gerechtfertigt sein. Insbesondere verstößt es gegen Art. 7 lit. f der Datenschutzrichtlinie, wenn durch die abschließende nationale Regelung die Möglichkeit zur Interessenabwägung abgeschnitten wird. Es wäre ungewöhnlich, wenn der EuGH hier gegen den Generalanwalt entscheidet.

Übertragbarkeit der Grundsätze

Danach ist die Wirksamkeit stark einschränkender Regeln im deutschen Datenschutzrecht zweifelhaft. Insbesondere vor weitreichenden Investitionsentscheidungen ergeben sich Lösungsmöglichkeiten durch Abwägungen anhand der konkreten Umstände. Entsprechende Verstöße gegen EU-Recht und damit notwendige Anpassungen finden sich beispielsweise in § 21 EnWG oder den aktuell im Gesetzgebungsverfahren befindlichen §§ 49 ff. Entwurf des Messstellenbetriebsgesetzes.

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