Satzungsdurchbrechende Gesellschafterbeschlüsse bei der GmbH

Hin und wieder entscheiden sich Gesellschafter, eine von der Satzung der Gesellschaft abweichende Vereinbarung zu treffen. Oftmals betrifft das die Gewinnverteilung, die Änderung von Vertretungsregeln oder die entgegen der gesellschaftsvertraglichen Bestimmung asymmetrische Beteiligungsstruktur an einer GmbH & Co. KG und ihrer Komplementärin. In solchen Fällen wird die satzungsmäßige Regelung vorübergehend oder dauerhaft aufgehoben. Eine Abweichung von der durch die Satzung vorgeschriebenen Struktur der Gesellschaft ist jedoch nicht ohne Weiteres möglich.

Hinsichtlich der Wirksamkeitsvoraussetzungen für satzungsdurchbrechende Beschlüsse wird von der Rechtsprechung und der herrschenden Lehre zunächst dahingehend differenziert, ob es sich um eine abstrakt-generelle oder eine auf einen Einzelfall bezogene Regelung handelt. Eine abstrakt-generelle Regelung stellt stets eine Satzungsänderung dar und ist nur dann wirksam, wenn die Voraussetzungen der §§ 53 eingehalten worden sind, also der Gesellschafterbeschluss notariell beurkundet und ins Handelsregister eingetragen worden ist.

Einzelfallbezogene Regelungen sind dahingehend zu differenzieren, ob es sich um sog. punktuell satzungsdurchbrechende Beschlüsse, deren Wirkung sich in der Maßnahme selbst erschöpft, oder um sog. zustandsbegründende satzungsdurchbrechende Beschlüsse handelt, die einen im Widerspruch zum geltenden Gesellschaftsvertrag stehenden Zustand begründen, in dem sie eine Dauerwirkung entfalten.

Die Abgrenzung zwischen punktuell und zustandsbegründenden satzungsdurchbrechenden Beschlüssen lässt sich nicht in jedem Einzelfall eindeutig vornehmen, weil handhabbare Kriterien fehlen. Bei einer einmaligen disquotalen Gewinnausschüttung lässt sich beispielsweise argumentieren, dass die Wirkung lediglich punktuell ist, weil sie keine über die einmalige Ausschüttung des Gewinnanteils hinausgehende Wirkung entfaltet, sich also in der Umsetzung des Beschlusses erschöpft (allerdings wird selbst hierzu die gegenteilige Auffassung vertreten). Eine Satzungsdurchbrechung mit Dauerwirkung kann beispielsweise darin liegen, dass ein einzelner Gesellschafter asymmetrisch an der Komplementärin einer GmbH & Co. KG und der KG selbst beteiligt sein darf, die satzungsgemäße Gleichlaufverpflichtung der Beteiligungen im Übrigen, d.h. auch für alle künftigen Gesellschafter aber unverändert fortgelten soll.

Lediglich punktuell satzungsdurchbrechende Beschlüsse müssen nach überwiegender Auffassung nur herabgesetzten Anforderungen genügen und sind bei Missachtung der für eine Satzungsänderung geltenden Vorschriften (insbesondere die notarielle Beurkundung des Beschlusses) lediglich anfechtbar, jedoch nicht nichtig. Anders wird die Rechtslage jedoch für satzungsdurchbrechende Beschlüsse mit einer Dauerwirkung eingeschätzt. Hier sind die Voraussetzungen einer Satzungsänderung anwendbar, d. h. sie der Beschluss wird nur wirksam, wenn er sämtliche Voraussetzungen einer förmlichen Satzungsänderung erfüllt, insbesondere also notariell beurkundet und in das Handelsregister eingetragen wird (§ 54 GmbHG). Ohne Beachtung dieser Form wird der Beschluss nicht wirksam, kann also die aufgrund seiner vermeintlichen Wirksamkeit durchgeführte Maßnahme nicht rechtfertigen. Handelt es sich bei dem Beschluss um eine Weisung der Gesellschafter an den Geschäftsführer, eine mit der Satzung nicht vereinbare Maßnahme durchzuführen, so muss der Geschäftsführer die Befolgung dieser Weisung als unrechtmäßig ablehnen, andernfalls setzt er sich selbst einem Haftungsrisiko aus.

PRAXISHINWEIS:
Bei kritischen Beschlüssen, die von einer statutarischen Regelung abweichen, sollte schon aus Vorsichtsgründen die notarielle Form des Gesellschafterbeschlusses eingehalten werden. Geschieht dies nicht, so besteht bestenfalls ein Anfechtungsrisiko, schlimmstenfalls ist der Beschluss unwirksam.

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