Start Up-Finanzierung (Teil 2)

In Teil 1 dieses Beitrags haben wir uns mit den verschiedenen Finanzierungsformen beschäftigt, die Unternehmen zur Verfügung stehen. Die Finanzierung jedes Unternehmens ruht bilanziell betrachtet auf den beiden Säulen „Eigenkapital“ und „Fremdkapital“. Diese sind nach § 266 Abs. 3 A und B auf der Passivseite der Bilanz auszuweisen. Für welche Finanzierungsform soll sich der Gründer nun entscheiden, wenn er frisches Kapital für den Auf- und Ausbau seines Unternehmens benötigt?

Die Begrifflichkeiten „Eigen-“ und „Fremdkapital“ implizieren bereits den Charakter der jeweiligen Finanzierung. Wird einerseits das Fremdkapital von außen, also von Unternehmensfremden, zur Verfügung gestellt, ist andererseits das Eigenkapital originäres Vermögen der Gesellschaft, welches von den Gesellschaftern – in der Regel dauerhaft – eingebracht wird. Damit sind zwei ganz unterschiedliche Interessenlagen und Anforderungen der Geldgeber umrissen:

  1. FREMDKAPITAL
  • Der Fremdkapitalgeber ist selbst nicht an der Gesellschaft beteiligt. Er stellt sein Geld üblicherweise als Darlehen entgeltlich, nämlich gegen Zahlung von Zinsen und Provisionen zur Verfügung. Typische Fremdkapitalgeber sind Banken und Sparkassen.
  • Fremdgeld zu vereinnahmen kostet also Geld. Das Fremdgeld muss folglich „arbeiten“, Ertrag erbringen, aus dem die Finanzierungskosten (Zinsen und Provisionen sowie ggf. Gebühren) beglichen werden können. Betriebswirtschaftlich sinnvoll ist der Einsatz von Fremdgeld demnach insbesondere dort, wo Investitionen getätigt werden sollen, die kurz oder mittelfristig einen die Finanzierungskosten übersteigenden Ertrag erwirtschaften.
  • Nicht außer Acht gelassen werden darf aber auch, dass Fremdgeld in der Regel nur für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung gestellt wird. Nach Ablauf dieser Frist muss das Fremdgeld zurückgezahlt werden. Das ist zu bedenken, wenn die Unternehmensfinanzen strukturiert werden. Schließlich kann oder soll eine Maschine, in deren Anschaffung das Fremdgeld geflossen ist, nicht ohne Weiteres wieder veräußert werden. Für die Ablösung der Fremdfinanzierung müssen somit andere Finanzierungsquellen zur Verfügung stehen. Das kann Eigenkapital sein, das im Laufe der Zeit erwirtschaftet wurde (z.B. Gewinnrücklagen) oder die Verbindlichkeit wird durch eine neue Fremdfinanzierung abgelöst.
  • Für ein junges Unternehmen ist es oftmals schwierig, an Fremdkapital zu gelangen. Denn der Fremdkapitalgeber fordert im Gegenzug für die Gewährung des Darlehens Sicherheiten. Typische Sicherheiten im Bankengeschäft sind Grundpfandrechte, falls ein Grundstück zum Unternehmen gehört, die Verpfändung von Wertgegenständen des Unternehmens (beispielsweise die mittels des Darlehens angeschaffte Maschine) oder die Bürgschaft eines solventen Gläubigers. Hier zeigt sich das Dilemma: In den seltensten Fällen wird das Unternehmen über ein Grundstück verfügen. Gerade in den frühen Phasen eines Unternehmens wird das Kapital für „weiche“ Maßnahmen benötigt: Finanzierung des Lebensunterhalts der Gründer, während sie sich in Vollzeit um den Aufbau des Unternehmens kümmern. Marketingmaßnahmen und Beratungskosten. Aufbau einer Internetpräsenz. Entwicklungskosten. Personalkosten. Diese Investitionsziele bieten jedoch sämtlich keine ausreichende Sicherheit für den Kapitalgeber. Den privaten Kredit haben die Gründer zu diesem Zeitpunkt oftmals bereits ausgeschöpft, sodass vielfach eine Fremdfinanzierung an der erforderlichen Sicherheitenbestellung scheitert.
  1. EIGENKAPITAL
  • In dieser Situation stellt Eigenkapital die einzige Möglichkeit dar, um an Kapital zu gelangen. Eigenkapital ist prinzipiell langfristig in der Gesellschaft gebunden. Es eignet sich daher vorrangig zur Finanzierung des Anlagevermögens und der Betriebskosten wie Personal- und Entwicklungskosten etc. Anstelle von Sicherheiten erhält der Kapitalgeber eine Beteiligung an der Gesellschaft, wird also Mitgesellschafter und verfügt somit über das Recht, über die Angelegenheiten der Gesellschaft informiert zu werden und diese aktiv mitzugestalten. Die „Sicherheit“ speist sich also aus der (Mit-)Kontrolle über das Unternehmen.
  • Die Gewinnung frischen Eigenkapitals durch neue Investoren hat somit für die Gründer verschiedene Vorteile: Zuvorderst steht die Chance, in einer Aufbau- und Findungsphase überhaupt an frisches Kapital zu gelangen. Hierfür müssen keine Sicherheiten vorhanden sein. Allerdings wird ein erfahrener Eigenkapitalgeber nur dann einsteigen, wenn ihm das Wachstums- und Gewinnpotential des Unternehmens plausibel und realistisch erscheint. Wenngleich „Venture Capital“ wörtlich mit „Wagniskapital“ zu übersetzen ist, versucht auch ein Eigenkapitalgeber das Risiko zu quantifizieren und zu minimieren. Ohne einen durchdachten, in sich schlüssigen und plausiblen Business Plan, in dem realistische Annahmen getroffen werden, wird es kaum gelingen, Eigenkapitalgeber von einem Investment zu überzeugen. Gelingt dies jedoch, so steht günstiges Geld zur Verfügung, denn Eigenkapital wird prinzipiell nicht verzinst, es fließt ja also solches nicht an den Investor zurück.
  • Bei der Aufnahme von Eigenkapitalgebern als Mitgesellschafter ist zu bedenken, dass sich die Gründer ihrer bislang vollständigen Kontrolle über ihr Unternehmen zwangsläufig begeben. Denn der Investor will nachvollziehbarerweise Einfluss auf die Unternehmensstrategie und auf wesentliche geschäftliche Entscheidungen nehmen. Dabei ist es der Strategie des jeweiligen Investors und dem Verhandlungsgeschick der Parteien vorbehalten zu definieren, wie weit der Einfluss des Investors reichen wird: Beschränkt er sich auf regelmäßige Informationen und Mitspracherechte zu den grundlegenden strategischen Entscheidungen oder reicht der lange Arm des Finanziers bis in das Tagesgeschäft hinein, entsendet er womöglich einen eigenen Vertreter in die Geschäftsführung? Gerade im letztgenannten Fall finden sich die Gründer in einer gänzlich neuen Situation wieder. Doch auch dies hat Vorteile: Nicht selten verfügt der entsandte Geschäftsführer über Erfahrung beim Entwickeln junger Unternehmen. Dieses Wissen um Geschäftsprozesse, Chancen und Gefahren kann für die Gründer einen eigenen Wert neben dem reinen Kapitalgewinn erhalten.
  • Auch ein Eigenkapitalgeber plant in der Regel mit einem bestimmten Anlagehorizont. Er will regelmäßig nicht dauerhaft im Unternehmen investiert bleiben (eine Ausnahme können dividendenstarke Unternehmen bieten, für diese spezielle Anlageklasse interessiert sich aber nur ein Teil der Investoren), sondern wird sich nach ca. drei bis sieben Jahren aus dem Investment zurückziehen, um seine Rendite zu generieren. Dieser Rückzug bedeutet regelmäßig einen Verkauf der Beteiligung an einen Neu-Investor oder, in besonderen Fällen, den Gang an die Börse. Zumindest eines dieser Ziele wird der Investor verfolgen und die Gründer müssen sich dessen bewusst sein, dass die Zusammenarbeit von begrenzter Zeitdauer sein wird.
  1. KAPITALGEBER UND INVESTITIONSENTSCHEIDUNG

Die Wahl der Finanzierungsart entscheidet darüber, welche Kontakte der Gründer aktivieren muss. Am Anfang steht eine sorgfältige Analyse und Darstellung (z. B. in Form eines Businessplans), für welche Zwecke und in welchem Umfang frisches Kapital benötigt wird (s. oben Ziffer 1 letzter Bullet und Ziffer 2 erster Bullet). Es schadet nicht, bereits mögliche Sicherheiten, die er der Bank zur Verfügung stellen kann, aufzulisten. Soweit vorhanden sind die letzten Abschlüsse des Unternehmens (Bilanz oder Einnahmen-/Überschussrechnung, Gewinn- und Verlustrechnung) und ggf. (realistische) Forecasts vorzuhalten, da der Finanzgeber seine Investitionsentscheidung maßgeblich anhand dieser Zahlen fällen wird. So vorbereitet, kann der richtige Ansprechpartner kontaktiert werden.

Typische Fremdkapitalgeber sind Banken und Sparkassen. Sie verfügen in aller Regel über Abteilungen, die sich ausschließlich der Vergabe von Unternehmenskrediten widmen. Innerhalb der Fremdfinanzierung wird je nach Bank zwischen den verschiedenen Finanzierungszielen (Aufbaufinanzierung, Einmalinvestition etc.) unterschieden und sie sind oftmals an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft. Die Finanzierung erfolgt auf Grundlage eines Darlehensvertrags zwischen der Bank und dem Unternehmen. Falls die Gründer verpflichtet werden, persönliche Sicherheiten zu bestellen oder für das Unternehmen zu bürgen, werden sie an der Vereinbarung beteiligt.

Eigenkapitalgeber finden sich andernorts. In Betracht kommen je nach Unternehmen und Entwicklungsphase sogenannte Business Angels, das sind regelmäßig Unternehmer, die sich der Unterstützung von Gründern verschrieben haben und sowohl finanzielle als auch strategische Hilfe bieten, Venture Capital oder Private Equity Investoren. Letztere unterscheiden sich prinzipiell durch ihre Anlagestrategie (Anlagehorizont, d.h. Dauer des Investments bis zum Exit, Gegenwert ihres Investments, d.h. insbesondere ob eine kontrollierende Mehrheit der Unternehmensanteile erworben werden sollen, und Anlagestrategie, d.h. Auswahl von Branchen und Unternehmensgrößen bzw. –renditen). Die Beteiligung eines Eigenkapitalgebers kann aus den oben genannten Gründen für Gründer viele Vorteile mit sich bringen. Sie erfordert jedoch ein erheblich höheres Maß an Verständnis für die Kontrollstruktur des eigenen Unternehmens, also die Frage, wie und in welchen Gremien maßgebliche Entscheidungen getroffen werden. Dementsprechend basiert die Beteiligung eines Investors am Unternehmen auf einer Mehrzahl von Vereinbarungen und Begleitdokumenten (Beteiligungsvereinbarung, evtl. Konsortialvereinbarung, Geschäftsordnungen für die Geschäftsführung und ggf. für die Gesellschafterversammlung, ggf. Neufassung der Satzung des Unternehmens etc.). Aufgrund dessen kann nur dazu geraten werden, dass sich die Gründer in dieser Situation – rechtzeitig – fachkundig beraten und begleiten lassen. Das schützt ebenso die Gründer vor einem ungewollten Verlust der Kontrolle über ihr Unternehmen als es dem Investor hilft. Denn ein professionell geführter Beteiligungsprozess ist immer im Interesse des Investors, weil es klare Vereinbarungen und einen strukturierten, effizienten Prozess ermöglicht.

Lesen Sie im 3. Teil dieses Beitrags, welche Regelungen im Rahmen einer Beteiligungsvereinbarung getroffen werden müssen.

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