Wenn das Finanzamt zweimal klingelt

Der Besuch der Finanzbehörden kann unterschiedliche Gründe haben. Dazu gehören vornehmlich die Durchführung einer Außenprüfung oder einer Umsatzsteuersonderprüfung nach §§ 193ff. AO oder einer Lohnsteueraußenprüfung gem. § 42f EStG. Derartige Prüfungen werden schriftlich angekündigt und durch das für den Betrieb bzw. Unternehmer zuständige Finanzamt durchgeführt. Daneben können Ermittlungsmaßnahmen der Straf- und Bußgeldsachenstelle (§§ 386ff. AO) eines Finanzamts sowie der Steuerfahndung gem. § 404 AO zu einer (überraschenden) Anfrage in eigener Sache oder in fremder Angelegenheit führen.

Finanzbehördliche Ermittlungsverfahren – Durch wen?

Im steuerlichen Bereich wird das Ermittlungsmonopol der Staatsanwaltschaft durchbrochen. Die Ermittlungszuständigkeit in Steuerstrafsachen obliegt grundsätzlich den Finanzbehörden als eigene Aufgabe. Bei den Verantwortlichen eines finanzbehördlichen Ermittlungsverfahrens ist zwischen der Straf- und Bußgeldsachenstelle und der Steuerfahndung zu unterscheiden. Wenn die Straf- und Bußgeldsachenstelle ein Ermittlungsverfahren gem. § 386 Abs. 2 AO gegen den Beschuldigten - nach dem Gesetz ausnahmsweise, in der Praxis häufig - selbständig durchführt, nimmt sie die Rechte und Pflichten wahr, die der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren zustehen (§ 399 Abs. 1 AO). Dem entgegen richten sich die Ermittlungsbefugnisse der Steuerfahndung (lediglich) nach den Rechten und Pflichten des Polizeidienstes.

Auskunftspflichten in finanzbehördlichen Ermittlungsverfahren – Gegenüber wem?

Werden Zeugen in einem Ermittlungsverfahren gegen einen Dritten (z.B. Vertragspartner) von der Straf- und Bußgeldsachenstelle geladen, sind sie  verpflichtet, vor dieser zu erscheinen und zur Sache auszusagen. Die Aussagepflicht entfällt (nur) im Fall des Vorliegens eines Auskunftsverweigerungsrechts (vgl. §§ 52ff. StPO). Sofern der Zeuge weder ein Angehöriger des beschuldigten Vertragspartners noch ein Berufsgeheimnisträger (wie z.B. Notar, Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Arzt) ist, besteht die Pflicht zur Aussage. Kommt der Zeuge dieser Pflicht nicht nach, ist die zwangsweise Vorführung, die Auferlegung der Kosten sowie die Verhängung eines Ordnungsgelds zulässig, wenn auf die Folgen in der Ladung hingewiesen wurde. Dementgegen können diese Folgen nicht eintreten, wenn der Zeuge einer Ladung der Steuerfahndung nicht nachkommt. Denn aufgrund der insoweit beschränkten Befugnisse der Steuerfahndung ist ein Zeuge nicht verpflichtet, zur Vernehmung bei dieser zu erscheinen.

Aussage – In welcher Form?

Grundsätzlich erfolgt eine Zeugenaussage durch mündliche Darstellung. Eine schriftliche Erklärung kann diese im Nachgang zur Aussage ergänzen. Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens der Straf- und Bußgeldsachenstelle richtet diese ihre Fragen auch schriftlich an einen Zeugen und bittet um schriftliche Beantwortung dieser. In diesem Fall kann die schriftliche Beantwortung das mündliche Vorbringen sogar ersetzen.

Vertragliche Geheimhaltungspflichten beachten

Regelmäßig enthalten Verträge Regelungen über Geheimhaltungspflichten der Vertragsparteien.  Eine solche befreit den Vertragspartner jedoch nicht von seiner gesetzlichen Auskunftspflicht als Zeuge. Deshalb enthalten Verträge regelmäßig Ausnahmetatbestände für gesetzliche Auskunftspflichten. Danach besteht eine Geheimhaltungsverpflichtung beispielsweise nicht, soweit eine der Vertragsparteien gesetzlich verpflichtet ist, die geschützten Informationen in gerichtlichen, behördlichen oder sonstigen Verfahren zu offenbaren. Fehlt es an ein einer solchen Ausnahmeregelung, ist zur Vermeidung eines (ggf. vertragstrafebewährten) Vertragsverstoßes vor der Aussageerteilung grundsätzlich die Zustimmung des Vertragspartners einzuholen.