Wenn der Wohnungseigentümer zwei Herren dient

MIT DEM ERWERB EINER EIGENTUMSWOHNUNG ERWIRBT MAN EINE EIGENTUMSWOHNUNG…

Eigentumswohnungen im Geschosswohnungsneubau boomen. In den Jahren 2006 bis 2015 ist der Anteil von Eigentumswohnungen bei Neubauten auf 48,5 % gestiegen. 44 % dieser Wohnungen werden von den Eigentümern selbst bewohnt.

Im Jahr 2011, dem Jahr der letzten Erhebung der Eigentumsformen an Wohngebäuden, betrug der Anteil an Gebäuden mit Eigentumswohnungen bundesweit immerhin 22 %.

Dies verwundert kaum, hat Wohnungseigentum doch für viele einen großen Vorteil: Man erwirbt für sein Geld das Recht, mit seiner(!) Wohnung beliebig zu verfahren und andere von der Einwirkung auf seine(!) Wohnung ausschließen.

… EINE GEMEINSCHAFT…

Zwangsläufig verbunden mit dem Erwerb von einer Eigentumswohnung ist allerdings die Mitgliedschaft in einer Wohnungseigentümergemeinschaft. In dieser Gemeinschaft entscheiden die Wohnungseigentümer durch Beschluss über die Angelegenheiten des gemeinschaftlichen Eigentums.

… UND GELEGENTLICH EINEN INTERESSENKONFLIKT.

Teil einer Gemeinschaft zu sein bedeutet allerdings auch, die Interessen dieser Gemeinschaft zu wahren. Dies kann dann zum Problem werden, wenn der Wohnungseigentümer eigene Interessen hat, die denen der Gemeinschaft zuwiderlaufen.

Es versteht sich von selbst, dass der Wohnungseigentümer als Teil einer Gemeinschaft auch die Interessen dieser Gemeinschaft zu wahren und nicht exzessiv seine eigenen Interessen gegen die Interessen dieser Gemeinschaft zu verfolgen hat. Daher bestimmt das Gesetz ausdrücklich, dass der Wohnungseigentümer in bestimmten Fällen eines Interessenkonflikts kein Stimmrecht in der Versammlung der Wohnungseigentümer hat. Einer dieser Fälle ist die Beschlussfassung über die Vornahme Rechtsgeschäfts mit dem Wohnungseigentümer selbst. Dies beträfe beispielsweise den Fall, dass ein Wohnungseigentümer, der als selbstständiger Unternehmer Versorgungsleistungen anbietet, die Wohnungen mit Erdgas versorgen möchte.

Allerdings kann ein Interessenkonflikt nicht nur dann auftreten, wenn der Wohnungseigentümer zu einem Rechtsgeschäft abstimmen möchte, dass mit ihm selbst abgeschlossen werden soll. Nach einer Entscheidung des BGH vom 13. Januar 2017 besteht ein solcher Interessenkonflikt auch dann, wenn der Vertrag mit einer Gesellschaft abgeschlossen werden soll, an der der Wohnungseigentümer mehrheitlich beteiligt und deren Geschäftsführer der Wohnungseigentümer ist. In diesem Fall läuft das Interesse der Gesellschaft nämlich gleich mit dem persönlichen Interesse des Wohnungseigentümers. Daher sei bei wirtschaftlicher Betrachtung der Interessenkonflikt identisch mit dem Interessenkonflikt, sollte der Wohnungseigentümer selbst das betroffene Rechtsgeschäft abschließen. Nicht geklärt hat der BGH, ob auch andere Konstellationen eines Interessenkonflikts aufgrund einer Beteiligung des Wohnungseigentümers am potentiellen Vertragspartner denkbar sind – z.B. wenn der Wohnungseigentümer nur Geschäftsführer einer Gesellschaft ist, ohne mehrheitlich beteiligt zu sein, oder nur mehrheitlich beteiligt ist, ohne Geschäftsführer zu sein.

DRUM PRÜFE, WER SICH BINDET!

Wohnungseigentümern kann daher nur geraten werden, sich über etwaigemögliche Interessenkonflikte zu informieren und das Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass ein Mitglied der Gemeinschaft bei Vertragsschlüssen vielleicht nicht nur das Wohl dieser Gemeinschaft im Blick hat.

Möglich und sinnvoll ist daher die Prüfung von Gesellschaften als mögliche Vertragspartner durch einen Blick ins Handelsregister, dem sich in vielen Fällen die Geschäftsführer und die Gesellschafter von etwaigen Vertragspartnern entnehmen lassen.

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