Widerruf bei Verträgen über Gruppenversicherungsschutz für Restschuldversicherungen

7d VVG in der ab dem 23. Februar 2018 geltenden Fassung lautet:

„Beratung, Information und Widerruf bei bestimmten Gruppenversicherungen

Der Versicherungsnehmer eines Gruppenversicherungsvertrages für Restschuldversicherungen hat gegenüber der versicherten Person die Beratungs- und Informationspflichten eines Versicherers. Die versicherte Person hat die Rechte eines Versicherungsnehmers, insbesondere das Widerrufsrecht. Über dieses Widerrufsrecht ist eine Woche nach Abgabe der Vertragserklärung erneut in Textform zu belehren. Das Produktinformationsblatt ist mit dieser Belehrung erneut zur Verfügung zu stellen. Die Widerrufsfrist beginnt nicht vor Zugang dieser Unterlagen.“

Gesetzgeberischer Hintergrund

Diese Vorschrift ist im Gesetz zur Umsetzung der Versicherungsvertriebsrichtlinie (EU) 2016/97, BGBl. 2017 Teil I S. 2789, enthalten und tritt am 23. Februar 2018 in Kraft.

Die Vorschrift wurde von dem federführenden Ausschuss für Wirtschaft und Energie in den Gesetzentwurf der Bundesregierung eingefügt. Sie soll die Transparenz bei Restschuldversicherungen verbessern. Ausweislich der Begründung sind der versicherten Person gegenüber vor allem die Informations- und Beratungspflichten des VVG, insbesondere nach §§ 6 bis 7a VVG n.F. und nach der VVG-InfoV, zu erfüllen. Außerdem hat die versicherte Person die Rechte eines Versicherungsnehmers, insbesondere das Widerrufsrecht, soweit es um die Absicherung durch die Versicherung geht (§§ 8,9 VVG). Hinsichtlich der erneuten Information über das Widerrufsrecht wird auf die Begründung zu § 7a Abs. 5 VVG n.F. verwiesen; dort wird für den Versicherungsvertrag über die Absicherung von Zahlungsverpflichtungen von Verbrauchern aus Darlehensverträgen eine gleiche Regelung vorgeschrieben. Dem Verbraucher soll so Gelegenheit gegeben werden, nochmals zu überlegen, ob die im Paket angebotene Restschuldversicherung in Anspruch genommen werden soll oder ob die Vertragserklärung, soweit es um den Versicherungsvertrag geht, widerrufen werden soll.

Problemstellung

Während im Fall des § 7a VVG n.F. dem Darlehensnehmer als Versicherungsnehmer die Widerrufsrechte nach dem VVG ohne weiteres zustehen, ist dies bei der versicherten Person unter einem Gruppenversicherungsvertrag anders. Die versicherte Person hat kein unmittelbares Vertragsverhältnis zu dem Versicherer, ihr Versicherungsschutz wird vielmehr durch den Versicherungsnehmer des Gruppenversicherungsvertrages, die darlehensgebende Bank, vermittelt. Das Anliegen des Ausschusses für Wirtschaft und Energie dürfte gewesen sein, die mit dieser Konstruktion verbundenen Nachteile für den Verbraucher jedenfalls teilweise auszugleichen. Allerdings ist dies im Ausschuss nicht vollständig zu Ende gedacht worden, wie hier für das Widerrufsrecht gezeigt werden soll.

Die Widerrufsfrist für das Widerrufsrecht nach § 7d VVG n.F. beginnt nach § 8 Abs. 2 VVG zu dem Zeitpunkt, zu dem die folgenden Unterlagen dem Versicherungsnehmer in Textform zugegangen sind:

  • der Versicherungsschein und die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie die weiteren Informationen nach § 7 Abs. 1 und 2 und
  • eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht und über die Rechtsfolgen des Widerrufs, die dem Versicherungsnehmer seine Rechte deutlich macht und die den Namen und die ladungsfähige Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, sowie ein Hinweis auf den Fristbeginn und auf die Regelungen des Abs. 1 Satz 2 enthalten sind.

Gemäß § 8 Abs. 5 VVG genügt die Widerrufsbelehrung diesen Anforderungen, wenn das Muster der Anlage zu diesem Gesetz in Textform verwendet wird.

All dies ist im Hinblick auf eine versicherte Person kaum zu erfüllen: Da sie nicht Versicherungsnehmer ist, erhält sie keinen Versicherungsschein. Solange Sie diesen jedoch nicht erhalten hat, beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen. Auch die Muster-Widerrufsbelehrung setzt den Erhalt des Versicherungsscheins voraus. Lässt man den Versicherungsschein weg oder substituiert man diesen z.B. durch die Beitrittsvereinbarung zu dem Gruppenversicherungsvertrag, bewegt man sich nicht mehr innerhalb des Musters, sondern im Rahmen einer eigenen Lösung, für die die Fiktion des § 8 Abs. 5 VVG nicht greift. Im Ergebnis bleibt in diesen Fällen eine Ungewissheit, ob die Widerrufsfrist des § 8 Abs. 2 VVG überhaupt ausgelöst wird.

Zur Abrundung sei noch darauf hingewiesen, dass die Beitragsvereinbarungen zu Gruppenversicherungsverträgen über Restschuldversicherungen schon bisher Widerrufsrechte für die versicherte Person vorsehen. Dieses Widerrufsrecht ist jedoch nicht gesetzlich vorgeschrieben, sondern dient vordergründig dem freiwilligen Schutz der versicherten Person, in der Sache aber zumindest auch der Absicherung, dass die Bank als Versicherungsvermittler unter die Regelungen des VVG fallen kann, was vor dem Hintergrund des § 312 Abs. 6 BGB zweifelhaft war. Insoweit ändert sich ab dem 23.02.2018 die Situation grundsätzlich, da § 7d VVG n.F. dem Widerrufsrecht der versicherten Person eine gesetzliche Grundlage gibt.

Eine weitere Schwäche des § 7d VVG n.F. ist, dass offen bleibt, wem gegenüber die Rechte nach Satz 2 bestehen und wer die Verpflichtungen nach Satz 3 zu erfüllen hat. Aus dem Kontext der Norm spricht einiges dafür, dass Verpflichteter jeweils der Versicherungsnehmer des Gruppenversicherungsvertrages ist. Möglich erscheint aber auch, dass hier unterschiedlichen Konstruktionsmöglichkeiten bei Restschuld-Gruppenversicherungen Rechnung getragen werden sollte.

Fazit

Es bleibt abzuwarten, welche Lösungen zu diesen Fragen gefunden werden; die Chancen für gruppenversicherte Verbraucher, sich vom Restschuldgruppenversicherungsschutz zu lösen, werden jedenfalls steigen.

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