Zur Verteilung der Beweislast im Haftungsprozess gegen ausgeschiedene Geschäftsführer

 

In einem kürzlich ergangenen Beschluss (BGH, Beschl. v. 20.11.2018 - II ZR 132/17) hat der BGH zur Frage der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Falle einer Inanspruchnahme der ausgeschiedenen Gesellschafter aus § 43 Abs. 2 GmbHG Stellung genommen.

Worum ging es?

Die Klägerin nahm die Beklagten als deren frühere Geschäftsführer wegen Liquiditätsbeihilfen in Höhe von 1.682.000 € an eine Tochtergesellschaft in Anspruch, da sich die Tochtergesellschaft im Zeitpunkt der Gewährung Liquiditätsbeihilfe schon in einer finanziell aussichtlosen Lage befand. Die beklagten Geschäftsführer wandten ein mit Einverständnis der Gesellschafter der Klägerin und somit nicht pflichtwidrig im Sinne des § 43 Abs. 1, 2 GmbHG gehandelt zu haben. Nachdem die Vorinstanz (KG Berlin, Urteil v. 24.03.2017 - 14 U 96/15) den begehrten Zahlungsanspruch nicht zuerkannte, verfolgte die Klägerin ihr Begehr im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BGH weiter.

Entscheidung der Vorinstanz

Zutreffend ging das Berufungsgericht davon aus, dass die beklagten Geschäftsführer grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass sie ihren Sorgfaltspflichten gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen sind und sie somit auch dazulegen zu beweisen hatten, dass die streitgegenständlichen Liquiditätszuführungen sämtlichen Gesellschaftern bekannt waren und von diesen gebilligt wurden. Ebenfalls nicht zu beanstanden war die weitere Annahme des Berufungsgerichts, dass der Klägerin gegenüber den Beklagten als ausgeschiedenen Geschäftsführern eine sekundäre Darlegungslast oblag, im Rahmen derer sie nicht nur die diesen vorgeworfenen Pflichtverletzungen näher zu bezeichnen hatte, sondern den Beklagten auch - soweit es zu deren Verteidigung erforderlich war - Einsicht in die zu einer Verteidigung erforderlichen Unterlagen zu gewähren hatte.

Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast

Die Vorinstanz hatte ein Einverständnis der Gesellschafter der Klägerin zu den streitgegenständlichen Liquiditätsbeihilfen insbesondere vor dem Hintergrund bejaht, dass die Klägerin die Behauptung der Beklagten nicht hinreichend substantiiert bestritten habe, dass den Beklagten nicht alle für die Verteidigung erforderlichen Unterlagen vorgelegen hätten.

Hierin erblickte der erkennende Senat jedoch einen Verstoß gegen Artikel 103 Abs. 1 GG. Die Klägerin habe hinreichend substantiiert dargelegt, welche internen Unterlagen sie den beklagten Geschäftsführern zugänglich gemacht hat. Die Klägerin war im Rahmen der sekundären Beweislast nicht gehalten, von sich aus sämtliche Unterlagen im Prozess vorzulegen, da das Bestreiten der Vollständigkeit der für die Verteidigung notwendigen Unterlagen durch die Beklagten unsubstantiiert und damit unerheblich war. Die pauschale Behauptung der Unvollständigkeit der übersandten Unterlagen ohne näher zu konkretisieren, welche weiteren Unterlagen zu einer Verteidigung erforderlich sind, ist nicht geeignet eine Beweislastentscheidung zulasten der klagenden Gesellschaft herbeizuführen. Hierzu bedarf es der konkreten Angabe, welche konkreten Unterlagen, die zu einer Rechtsverteidigung erforderlich sind, fehlen.

Fazit

Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung ist Geschäftsführern dringend zu raten, die ihnen im Zuge eines solchen Rechtsstreits von Seiten der Gesellschaft zugänglich gemachten Unterlagen gründlich auf ihre Vollständigkeit zu überprüfen und insbesondere weitere für die eigene Verteidigung erforderlichen Unterlagen rechtzeitig anzufragen.

Die pauschale Behauptung der Unvollständigkeit der übermittelten Unterlagen ist nicht geeignet, eine für die beklagten Geschäftsführer günstige Beweislastentscheidung herbeizuführen.